Informationsgesellschaft als Beitrag zum Klimaschutz
„Die Deutsche Telekom“, so beschreibt das Bonner Unternehmen seine eigene Vision, „ist international treibende Kraft für nachhaltiges Handeln.“ Als Ziel nennen die Manager um den scheidenden Vorstandschef René Obermann im aktuellen CR-Bericht ein „vernetztes Leben und Arbeiten“. Das Unternehmen wolle vor allem die „Integration von Menschen in die Informationsgesellschaft“ fördern und „führend auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Gesellschaft“ sein. UmweltDialog stellt den Report näher vor.
10.07.2013
„Wer über Klimaschutz spricht, denkt vielleicht nicht als Erstes an Informations- und Telekommunikationstechnologie.“ Vorstandschef René Obermann muss sein Unternehmen erst ins richtige Licht rücken, ehe er die Brücke vom weltweit agierenden Kommunikations-Konzern zur Nachhaltigkeit schlagen kann und diese für seine Kunden begehbar ist. Laien sollen Zusammenhänge entdecken: Digitale Lebens- und Arbeitswelten tragen laut der Telekom nämlich „maßgeblich zu einer klimaschonenden Gesellschaft bei“, klärt Obermann auf.
Der Weg in die Informationsgesellschaft verbessert für das Unternehmen die Klimabilanz eines ganzen Landes. „Der SMARTer-2020-Studie zufolge“, die Obermanns Experten beim jüngsten Welt-Klimagipfel in Doha vorstellten, „können durch Informations- und Kommunikationstechnologien etwa 16,5 Prozent aller CO2-Emissionen weltweit vermieden werden“. Dies sind sieben Mal mehr, als die Branche, etwa durch den Energieverbrauch ihrer großen Rechenzentren, selbst verursacht.
IT-Branche besitzt großes Potenzial für den Klimaschutz
IT als Klimaschützer: „Um dieses Potenzial zu heben, entwickeln wir innovative Anwendungen und Technologien, die unsere Kunden dabei unterstützen, ihren CO2-Fußabdruck zu verkleinern“, gibt der Telekom-Vorstandvorsitzende die Strategie seines Unternehmens vor. Videokonferenzen, die Geschäftsreisen vermeiden sollen oder intelligentes Energiemanagement, das Verbrauchern zuhause bei deren Bemühen, Energie zu sparen, unterstütze, nennt er als Beispiele. Über Smartphones gesteuerte Heizungsanlagen oder als Wärmedämmung fungierende Rollläden, die auch von unterwegs per Mobilfunk gesteuert werden können, zählen zu den Features solcher Anwendungen.
Energie sparen und damit weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre pusten, will der Bonner Konzern auch und gerade mit der Weiterentwicklung seiner Netze. Der All-IP-Standard, den die Techniker des Unternehmens aktuell auf- und ausbauen, soll Daten nicht nur schneller übertragen und die Sprachqualität beim Telefonieren nicht nur verbessern. „Wir streben bis 2020 eine Reduktion der CO2-Emissionen um bis zu 30 Prozent gegenüber den Werten aus dem Jahr 2008 an“, heißt es im CR-Bericht über die selbst gesetzten, ehrgeizigen Ziele. Gegenüber 1995 sinken damit die Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent.
Am positiven Trend dieser CO2-Reduzierungen in Deutschland nimmt die Telekom für sich in Anspruch, mit ihrer die Effizienz steigernden Technologie beigetragen zu haben. Selbst der Zuwachs an Übertragungskapazität und Telekommunikationsdienstleistungen führe „dank moderner Technik nicht automatisch zu steigenden Emissionen“.
Daten- und Telefonnetz
bilden in der Klimabilanz eines Weltkonzerns aber nur eine jener
Stellschrauben, mit denen der seinen ökologischen Fußabdruck schmälern
will. „Mit Hilfe der strengen Vorgaben unserer Green Car Policy konnten
wir im Berichtszeitraum weitere Erfolge auf dem Weg zu einer
nachhaltigen Flotte erzielen“, nennt der CR-Bericht einen zweiten, nicht
unwesentlichen Ansatz. Die Autos, mit denen Telekom-Monteure ihre
Kunden besuchen, fahren mit immer effizienteren Motoren. Der
durchschnittliche CO2-Wert im Fahrzeug-Abgas neuer Geschäftsfahrzeuge
sank von 131 Gramm pro Kilometer (g/km) im Jahr 2011 auf 128 g/km.
„Werden die Service-Fahrzeuge in die Berechnung einbezogen, konnte der
durchschnittliche CO2-Ausstoß aller Pkw-Neuwagen von 125 auf 120 g/km
gesenkt werden“, verkündet die Telekom nicht ohne Stolz.
Nachhaltigkeit im Fuhrpark
Denn damit erreichten die Autos der Telekom AG bereits jetzt die in den Klimaschutzzielen der Europäischen Union bis 2015 angestrebten Grenzwerte für Neuwagen von 120 g/km. Die Abgaswerte der Firmenwagen liegen damit auch „deutlich unter dem aktuellen Bundesdurchschnitt von 142 g/km CO2“.
Dennoch jubeln über diese Bilanz nicht alle Umweltschützer. Auch 2012 beurteilte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Abgasbelastung durch Telekom-Fahrzeuge. Sie vergab dafür lediglich eine „gelbe“ Karte - Mittelmaß: „Unter den 162 untersuchten Unternehmen erhielten nur vier eine ,Grüne Karte' und 151 Unternehmen eine ,Rote Karte'“, verschweigt der CR-Bericht des Bonner Konzerns aber diese kritische Anmerkung nicht. Dennoch freut sich das Unternehmen - Statistik lässt sich auch anders deuten: „Die Telekom liegt damit innerhalb der besten 10 Prozent. Zur Begründung wies die DUH darauf hin, dass unser Umweltengagement zwar erkennbar, aber nicht ausreichend sei.“
Als Minuspunkt werteten die Umweltschützer die Abgase aus dem Auspuffrohr der Vorstandswagen: Die stünden mit 185 g/km im „Widerspruch zu einem klimaschonenden Fuhrpark“.
Transparenz: Telekom lässt auch kritische Stimmen offen zu Wort kommen
Eine digitale Gesellschaft, wie sie die Deutsche Telekom als Vision anstrebt, fußt wesentlich auf dem Austausch von Daten. Sie muss daher vor allem ein heikles Thema mit größter Sorgfalt ansprechen: Wenn Millionen von Kunden der Deutschen Telekom ihre Daten anvertrauen, wissen die Bonner, dass ein sensibler Umgang damit „oberste Priorität“ haben muss.
Folgerichtig kümmert sich um den Schutz dieser Kundendaten das Vorstandsressort Datenschutz, Recht und Compliance. Dessen Verankerung auf oberster Ebene zeugt von der Brisanz, den ihm das Unternehmen beimisst. Transparenz ist groß geschrieben. Deshalb legt das Unternehmen beim Datenschutz auf eine auch für Laien verständliche Darstellung größten Wert. „Kurze Meldungen und lebendige Interviews wechseln sich ab mit Hintergrundberichten und Reportagen“: So beschreibt der Konzern selbst die Aufgabe, in die er als Autoren extra auch Externe wie beispielweise Mitglieder des Chaos Computer Clubs mit einbindet.
Das erhöhe die Transparenz und steigere die Akzeptanz. Für die Verantwortlichen in der Bonner Zentrale ist klar: Sie wollen „die Sensibilität und das Wissen im Umgang mit personenbezogenen Daten kontinuierlich“ erhöhen.
Datenschutz: Sensibles Thema von höchster Priorität
Da folgt die Deutsche Telekom einer guten Tradition. Immerhin veröffentlicht sie bereits seit 2006 als erstes DAX-30-Unternehmen einen solchen Datenschutzbericht.
„Der Schutz ihrer Kunden ist für die Telekom ein wesentlicher Bestandteil ihrer gesellschaftlichen Verantwortung“, verkündet der CR-Bericht des Unternehmens: „Wir wollen unseren Kunden eine sichere und vertrauenswürdige Nutzungsumgebung bieten.“ Die Telekom nimmt auch die „täglich durchschnittlich fast 140 Minuten“, die Jugendliche in Deutschland online ihre Freizeit verbringen, als Aufgabe ernst. Ihre Experten wissen, dass Heranwachsende „zum Teil noch unbefangen mit den vielfältigen Möglichkeiten der neuen Technologien“ umgehen. Deshalb sieht die Telekom auch im Jugendmedienschutz ein dringendes Betätigungsfeld. Sie fördern dafür einen Drei-Säulen-Ansatz: altersgerechte Angebote für Kinder, die Förderung der Medienkompetenz sowie eine vom Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) seit 2012 anerkannte Kinderschutz Software.
Shit-Storm der Heavy-User um Obergrenzen im Datenverkehr
Anfang 2013 trat die Telekom zudem dem Bündnis zur Verbraucherbildung der Deutschen Stiftung Verbraucherschutz bei. Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände arbeiten dort Hand in Hand, um nicht nur Kindern und Jugendlichen, sondern auch deren Eltern mehr Medienkompetenz beizubringen.
Trotz aller Anstrengungen um Kundenorientierung setzen die Telekom-Nutzer jedoch mitunter andere Prioritäten als die Planer im Konzern. Das bewies der Shitstorm des Frühjahrs 2013. Die angekündigten Obergrenzen für die Datenübertragung auf den Breitband-Leitungen des Telekom-Riesen riefen die Heavy-User in Deutschland auf den Plan. Die protestierten lautstark gegen die Ankündigungen, dass der freie Datenverkehr in den neuen, schnelleren Netzen der Telekom begrenzt werden müsse. Die unabhängigkeit des Internets und damit die viel beschworene Netzdemokratie sei in Gefahr. Das Unternehmen musste seine Pläne zurückstellen.
Zumindest vorerst sind die angekündigten Pläne vom Eis. Das Management hatte die Gegenreaktion der Netzgemeinde falsch eingeschätzt. Der Tageszeitung „Die Welt“ sagte Niek Jan van Damme als Deutschland-Chef der Telekom: „Wer weiß, wie die Datengrenzen 2018 aussehen werden? Wir leben in einer sehr dynamischen Branche.“ Wann die neuen Regelungen kommen, steht also derzeit in den Sternen. Die Telekom wolle die kommenden drei Jahre nutzen, „die Datenentwicklung genau zu analysieren und den Kunden attraktive Angebote machen“, zitiert die Tageszeitung aus ihrem Gespräch mit dem Telekom-Manager.