Generation Y fragt nach CSR
Immer mehr junge Menschen fragen im Bewerbungsgespräch, wie es um die Nachhaltigkeit im Unternehmen bestellt ist. Doch genau hier zeigt sich das Dilemma, denn die Nachfrage im Bereich Nachhaltigkeit und CSR ist höher als das Angebot.
09.12.2014
Dražen Mario Odak von der Stephan Unternehmens- und Personalberatung in Bad Homburg bestätigt, dass „der beste Job der Welt, so wie er mir gefällt", ganz oben auf dem selbstverwirklichten Wunschzettel der Generation Y steht. Die im Oktober 2014 veröffentlichte Studie „Das Arbeitgeberverhalten der Generation Y" des SVI-Stiftungslehrstuhls für Marketing der HHL Leipzig Graduate School of Management und der Non-Profit-Organisation Enactus, in der sich weltweit rund 67.000 Studierende, 1.600 Hochschulen und 440 Unternehmen in 36 Ländern engagieren, geht der These „Sinnsucher-Generation Y" nach.
Wie stellt sich die Generation die ideale Arbeitssituation nach dem Studium vor? Hier zeigt sich unter anderem, dass 62 Prozent eine selbstbestimmte Arbeitsweise wünschen und 55 Prozent anlassbezogenes, spontanes Feedback dem institutionalisierten Feedback vorziehen. „Der von dieser Generation eingeforderte Arbeitsstil dürfte Führungskräfte in Unternehmen einiges abverlangen. Mit dem regulären Feedbackturnus im Rahmen von Mitarbeitergesprächen wird sich die Generation Y unserem Eindruck nach nicht mehr zufrieden geben", sagt Silko Pfeil vom SVI-Stiftungslehrstuhl für Marketing an der HHL, der die Studie wissenschaftlich begleitet hat.
Den Eigenanspruch, den perfekten Job nach Bachelor & Co. einzufordern oder „backen" zu können, leiten die jungen Menschen nach Meinung von Odak häufig aus der Fähigkeit und dem Selbstverständnis ab, ein besonders reflektiertes Lebens- und Gesellschaftsverständnis zu haben. Zwar werden Werte und Bescheidenheit als neue Maxime hochgehalten, aber es scheint, dass der Grund dafür nur noch die eigene Selbstverwirklichung ist.
Dass dies möglicherweise eine Schwachstelle der Generation Y ist, bemerkt auch der Nachhaltigkeits- und Marketingexperte Klaus Stallbaum, dem das vornehmliche Kreisen um sich selbst auffällt. Es gäbe selten einen Link auf die Gemeinschaft, der - naturgemäß noch - „fehlende Resonanzboden gelebter Lebenszyklen" taugt seiner Meinung nach schwerlich zum Humus für Lebensweisheiten.
Fehlendes Lebensfundament
„Das Gut eines über Generationen, oft altruistisch und entbehrungsvoll erarbeiteten gesellschaftlichen Basiswohlstands wie Frieden und Sicherheit, Wohlfahrt etc. wird nicht in die eigene Reflexion integriert, sondern einfach vorausgesetzt", sagt auch Odak, der zudem darauf verweist, dass das Anspruchsdenken der Generation Y in den wenigsten Fällen auf eigener Lebenserfahrung und Lebenserkenntnis basiert.
Woher soll sie bei einem 22-jährigen Studienabsolventen auch kommen? „Zwar analysieren und reproduzieren sie dank neuer Medien eine Million Fakten, aber zu häufig scheitern sie an relevanten Zusammenhängen und Fundamenten", so sein Fazit. Es fehlt aus Personalberatersicht zu häufig an der fachlichen und vor allem persönlichen Basis. Lehrjahre kommen in vielen Lebensentwürfen nicht vor: „Die daraus mangelnde Lebenserfahrung ist der Grund, warum immer mehr Mitzwanziger in Personal- und Einstellungsgesprächen an der persönlichen Eignung scheitern. Eine ‚Grundhärte', auch mal Konflikte durchzustehen, Dinge zu verrücken, all das kann man erfahren und erlernen durch und von anderen. Doch bei Youtube laden kann man diese Tugenden nicht."
Seiner Meinung nach gibt es nur eine Lösung: Wir müssen gemeinsam die Frage beantworten, welche Qualitäten heute und in Zukunft in einer Gesellschaft gefördert und gefordert werden. Wenn die Ausbildung „quick and dirty" (um im internationalen Vergleich mithalten zu können) mit 22 Jahren abgeschlossen werden muss, „um dann sofort als berufliches Rädchen im Konzern zu funktionieren, wo soll Lebenserfahrung dann herkommen?"
Steffi Burkhardt, Jahrgang 1985, die als Bloggerin selbst aus der Perspektive der heute 20- bis Mitte 30-Jährigen spricht und sich als Sprachrohr der Generation Y versteht, sagt zu Recht: „Wir schwimmen in einem Fass voller Unsicherheit. Und das ist beängstigend, weil es keinen Plan oder keine Vorbilder gibt, nach denen wir uns richten und leben können." Um die Generation Y zu verstehen, müssen wir uns deshalb auch mit ihrer Angst auseinandersetzen, aus der ihr Denken und Handeln resultiert. Denn es ist auch unsere Angst.