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Warum Chefs es sich leicht machen sollten

Es reicht heute nicht mehr, Mitarbeitern nur Aufgaben zu delegieren - vielmehr muss der Schwerpunkt auf gegenseitig anerkennender Ermutigung, Mitbestimmung, Dialog, Motivation und Entfaltung liegen. Das sagte Dr. Sebastian Gradinger, der seit 2010 Geschäftsführer der WÖHRL Akademie GmbH ist und in dieser Funktion die Weiterbildungsmaßnahmen von rund 2.500 Mitarbeitern verantwortet, bereits vor einigen Jahren.

24.07.2015

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Im Rahmen der Konferenz „Das demokratische Unternehmen", die im Februar 2015 an der Technischen Universität München stattfand, standen viele Themen im Fokus, die er in seinen Publikationen und Vorträgen immer wieder thematisiert hat. Veränderungsprozesse von Machtverhältnissen zum Beispiel, die vor allem ein neues Gleichgewicht von Empowerment und Commitment, also Mitbestimmungsmöglichkeiten und Verantwortungsübernahme, bewirken.

Es lohnt einen Blick auf seine wichtigsten Aussagen der vergangenen Jahre zu werfen, denn sie illustrieren die unterschiedlichen Facetten, die ein „demokratisches Unternehmen" heute ausmacht. Ein solcher Begriff bleibt leer, wenn er nicht mit konkreten Beispielen aufgeladen wird - und mit biographischen „Zu-Taten", die wesentlich dazu beitragen, komplexe Themen einfach zu verstehen.

Der Einzelhandel kam auf Sebastian Gradingers Agend während des Studiums der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Trier nicht vor. Bei einem Vortrag erlebte er später Götz Werner, den Gründer vom "dm"-Drogeriemarkt.

Seine Persönlichkeit und Unternehmensphilosophie, die damals schon vom Gedanken der Nachhaltigkeit getragen war, haben ihn sehr beeindruckt. Gern zitiert er noch heute den Satz des Unternehmers: „Mitarbeiter folgen Ihnen als Mensch, nicht als Direktor."

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Nach seiner Promotion begann er seine Handelskarriere bei "dm", wo er nach Stationen in mehreren Ressorts Filialverantwortung übernahm. Danach war er international bei Peek & Cloppenburg als Geschäftsleiter und interner Verkaufsleiter in Österreich und Tschechien tätig.

2010 wurde er Geschäftsführer der WÖHRL Akademie GmbH, die 1988 als gemeinnützige Bildungseinrichtung zur Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter des vor rund 80 Jahren in Nürnberg gegründeten Textilhandelsunternehmens Rudolf Wöhrl AG ins Leben gerufen wurde.

Den idealen Rahmen für eine nachhaltige und wertebasierte „Personalentwicklung" bietet bis heute das Schloss Reichenschwand. Die Besonderheit der WÖHRL Akademie als einer der ältesten Unternehmensakademien Deutschlands liegt in der Verbindung von traditionellen Werten und einer konsequenten Weiterentwicklung von Lerninhalten und Konzepten.

Mithilfe der „Akademie vor Ort" wird eine große Bandbreite an Entwicklungsmaßnahmen direkt in die zahlreichen regionalen Standorte der Rudolf Wöhrl AG hineingetragen. Insgesamt nehmen jährlich rund 1.500 Mitarbeiter an über 120 Seminaren, Workshops, Schulungen und individuellen Coachings teil.

Mit Ethik im Geschäftsleben verbindet der Geschäftsführer vor allem den fairen und bewussten Umgang mit sich und anderen - die Grundvoraussetzung für eine Unternehmenskultur, die auf Nachhaltigkeit, gesundem Menschenverstand und soliden Erfolg ausgerichtet ist.

Die zehn wichtigsten Aussagen von Dr. Sebastian Gradinger

  1. „Vielleicht müssen wir nicht alles hinterfragen und theoretisch aufbereiten, um es zu vermitteln. Schließlich lässt sich vieles besser erleben als erklären. Hätte die Leitgans erst beschreiben müssen, wie sie auf eine Flughöhe von 150 Metern kommt - sie würde den Abflug ins Winterquartier höchstwahrscheinlich verpasst haben." (TM Fashion Guide, Oktober 2010)
  2. „Die Informations- und Kommunikationsgesellschaft überflutet uns mit vielfach nutzlosem Detailwissen und inszenierter Oberflächlichkeit. Wenn wir entscheidungsfähig bleiben wollen, sind wir gezwungen, uns wieder auf das Wesentliche zu reduzieren und den Kern der Dinge zu erfassen." (Burgthanner Dialoge 2012)
  3. „Die Personalentwicklung der letzten Jahre war überfrachtet von Methoden; die Entwicklung von Menschen und ihren Fähigkeiten wurde theoretisiert, der Praxis entfremdet. Aus diesen komplizierten Konzepten heraus wurden ,übertrainierte Führungskräfte' geformt, die nicht mehr in der Lage waren, Entscheidungen mit ihrem gesunden Menschenverstand zu treffen. Wir haben damit in teure Entwicklungsmaßnahmen investiert, die den Führungskräften das Zutrauen nahmen, dass eigene Entscheidungen sinnvoll und erfolgversprechend sind." (Burgthanner Dialoge 2012)
  4. „Wer hingegen Mitarbeiter erfolgreich führen will, sollte das grobe Besteck nach herrschender Meinung besser stecken lassen. Empathie und Wertschätzung sind heutzutage doch eher die Mittel der Wahl, wenn der Arbeitnehmer zu höherer Wertschöpfung geführt werden soll. Das funktioniert nicht immer - was für die meisten externen Personalentwickler nicht wirklich ein Problem ist. Denn dort, wo nachgeschult werden kann, findet ja schließlich auch Wertschöpfung statt. Die entmutigte Führungskraft fragt sich zu Recht, ob der Ansatz überhaupt der Richtige ist und wie viel Lob und Anteilnahme noch aufzubringen seien, bis die Mannschaft endlich mal die Ärmel hochkrempelt." (TM Fashion Guide, 1/2012)
  5. „Wir pflegen heute zu glauben, dass man nur ohne Pause 150 Prozent Einsatz bringen, auf eine intakte Gesundheit und ein Privatleben verzichten sowie hartnäckig mehr Tempo als die anderen machen müsse, um erfolgreich zu sein. Dabei zeigt die Erfahrung, dass weniger Druck und Geschwindigkeit bessere Entscheidungen hervorbringen und auf Dauer auch wirtschaftlich erfolgreicher sind. Dennoch bewundern wir die hastigen Herren im dunklen Zweireiher, die schon als Kind wie Obelix in den ‚Testosteronkessel' gefallen zu sein scheinen und seitdem strotzend vor Selbstbewusstsein durchs Leben pflügen; Schneisen der Verwüstung hinterlassen und trotzdem ungerührt weitermachen. Die sofort ein neues Ziel ansteuern, wenn sich das alte im ersten Anlauf nicht erreichen ließ. Wir nennen diese mit viel Show vorgetragene Verzagtheit Fortschritt. Wer nicht Schritt hält, hat versagt." (RM Fashion Guide, 9/2013)
  6. „Wir suchen die Lösung an der falschen Stelle - wie der Betrunkene, der dem verlorenen Hausschlüssel unter der Laterne nachspürt, weil es dort hell ist. Dabei haben wir den Schlüssel irgendwo im Dunkel der letzten Dekaden verloren und den Verlust allzu lange nicht bemerkt. Der Schlüssel heißt Respekt." (TM Fashion Guide, 1/2012)
  7. „Hätten wir bessere, sprich: verfügbarere, erlebbarere, authentischere Chefs, wir bräuchten in Deutschland wahrscheinlich so gut wie keine Personalentwicklung. Wer meint, diese These wäre gewagt, der irrt. Sie steht, zugespitzt freilich, für nichts anderes als eine alte, konfuzianische Weisheit: Was wir anderen erzählen, werden sie vergessen. Was man mit ihnen teilt, werden sie können." (TM Fashion Guide, Oktober 2010)
  8. „Chefs, die nicht delegieren, schaden sich und anderen. Wirklich gute Chefs dagegen haben Zeit." (TM Fashion Guide, April 2011)
  9. „Die Definition des Scheiterns hat sich über die Jahre offensichtlich gravierend verändert. Sieht man sich die Werdegänge der von Liebigs, Siemens' und Zeiss' dieser Welt an, so ist jeder Einzelne von ihnen eine abenteuerliche Route voller Umwege, Niederlagen, neuer Anläufe, Beharrlichkeit - und infolgedessen grandioser Erfolge. Die großen Forscher, Erfinder und Ingenieure der Vergangenheit, die Gründerväter des deutschen Wirtschaftsolymps, nahmen sich Zeit - und die Freiheit, an ihren Ideen festzuhalten. Sie hätten sicher wenig Verständnis für die fehlervermeidende Tempo-Kultur unserer heutigen Manager. Deren Vorbilder kamen seinerzeit jedenfalls nicht ohne Pannen und Misserfolge aus." (RM Fashion Guide, 9/2013)
  10. „In meinen Augen bedeutet Nachhaltigkeit, dass man sich auch in Führungspositionen nicht unersetzlich macht, um daraus Selbstbewusstsein zu beziehen. Getreu dem Motto: ‚Sie sind dann ein erfolgreicher Chef, wenn Sie das Gefühl haben überflüssig zu sein.' Ein guter Manager ist für mich der, der vorsorgt." (Burgthanner Dialoge 2012)
Quelle: UD
 

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