Tchibo & Fairtrade – Über Anfänge und zwei Abschiede
Vor 30 Jahren gründete Dieter Overath das Siegel Fairtrade in seinem Wohnzimmer. Und startete wenig später seinen Protest gegen Tchibo – mit drei Mann im Regen. Warum Tchibo ganz unfair mit geschlossenen Rollläden reagierte? Sich aber doch berappelte und heute Top Fairtrade Anbieter in Deutschland ist? Darüber diskutieren Dieter Overath und Nanda Bergstein, Tchibo Direktorin Unternehmensverantwortung.
12.05.2022
Über Konflikte, Kinderarbeit, mutige Menschen, Lösungen, Fröhlichkeit, Kaffee, Bananen und Textilien. Und warum die kommenden 30 Jahre im Zeitraffer durchgezogen werden müssen. Es geht aber auch um Abschied. Dieter Overath gibt die Fairtrade Führung ab, Nanda Bergstein verlässt Tchibo. Overath könnte sich ein Leben als Schäfer oder Edeka-Chef vorstellen, Nanda Bergstein hat ganz andere Ambitionen . Doch beide wissen: die Fairnunft wird global siegen. Sie hören die neue „5 Tassen täglich“ Podcastfolge auf tchibo.de/podcast und überall, wo es Podcasts gibt.
Ein Blick in die Tchibo Historie
Wie war das denn 1995, als Dieter Overath erstmals vor der Zentrale aufschlug? Gemeinsam mit einem Kaffeebauern und vielen Luftballons und Postkarten. Sie schrien: „Billiger Kaffee macht arm. Tchibo Leute macht was!“ Doch es erschien nur der Sicherheitsdienst, die Jalousien fuhren herunter. Nicht mal „unfairer“ Kaffee und ein Gespräch wurden angeboten. Tempi passati.
Nanda Bergstein: „So viele Legenden habe ich dazu gehört. Mir war gar nicht klar, dass ihr nur zu dritt demonstriert habt. Es zeigt, dass die Mini-Fairtrade-Demo damals ein kleiner Schock für Tchibo war. Und eine Initialzündung!“
Der erste Tchibo Fairtrade Kaffee kam 2006 auf den Markt
Bergstein: „Die Jalousien gingen schließlich hoch und es gab ein paar sehr engagierte Kollegen im Haus, die gesagt haben, wir machen das jetzt einfach. Und so wurde in 2006 der sogenannten „Professional Verde“ gelauncht. Mittlerweile haben wir fünf Kaffee-Ranges mit Fairtrade: unseren Barista, Qbo, GC Breiger, Speicherstadt Kaffee, den Vista und Caffissimo Grand Classé. Wir haben uns da deutlich ausgeweitet.“
Wünsche für die Zukunft?
Bergstein: „Je älter ich werde, desto mehr merke ich, dass es um Haltung und Verhalten geht. Dialog, Wertschätzung für Menschen und Natur. Wir haben psychologischen Entwicklungsbedarf, Andersartigkeit zu respektieren.“
Dieter Overath: „Es geht um Empathie. Wir müssen als Konsumentinnen und Konsumenten einen positiven Beitrag leisten, ohne in Stress zu verfallen. Wir müssen eine klare Richtung verfolgen und uns engagieren.“
Famous last words...
Bergstein: „Ich war nun 14 Jahre bei Tchibo, meine Erkenntnis: Wir müssen Geschäftsmodelle von Anfang ökologisch und sozial mitdenken. Allen Mitarbeitenden, die sich für nachhaltige Lösungen einsetzen, würde ich raten: Ihr werdet immer in einem Konflikt stehen, denkt möglichst egolos an die Sache, seid mutig, pusht an den Grenzen und habt Spaß! Denn trotz aller Probleme müssen wir die Fröhlichkeit behalten.“
Overath: „Ich verabschiede mich nun von Fairtrade, werde aber weiter für die Gerechtigkeit kämpfen. Ein Leben als Schäfer stelle ich mir schön vor, sozusagen als Synonym für Entschleunigung. Ohne Zeitung und Co für Tiere da zu sein. Mal sehen was kommt.“