Biodiversität

Bewahren rumänischer Urwaldflächen durch neue Kartierung

Ein Forscherteam der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde hat zusammen mit der Al. I. Cuza Universität in Iași und Greenpeace Rumänien die Urwaldgebiete Rumäniens kartiert. Bislang sorgte das Fehlen einer offiziellen Karte für erhebliche Rechtsunsicherheit und trug zum Verlust wertvoller Flächen bei. Die rumänische Regierung hat die Karte in ersten Gesprächen anerkannt.

27.12.2017

Bewahren rumänischer Urwaldflächen durch neue Kartierung

Ein Interview mit den federführenden Experten der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Freya Kathmann und Prof. Dr. Pierre Ibisch:

Welche Bedeutung haben die Primärwälder in Rumänien für Europa?

Freya Kathmann: Alte Buchenwälder oder gar Primärwälder sind in Europa rar geworden. Durch intensive Holznutzung wurden diese in die Europäischen Bergwaldregionen wie Alpen, Balkan oder Karpaten zurückgedrängt. Vor allem in den Karpaten gibt es noch große, zusammenhängende Primärwaldgebiete. Rumänien beherbergt eine Schatzkammer europäischer Buchenwälder, die es in diesen Größenordnungen anderswo nicht mehr gibt. Buchen(primär)wälder sind einzigartig in Europa. Deshalb ist es wichtig, die noch verbleibenden Wälder zu erhalten; nicht nur als Heimat für wertvolle Waldökosysteme, für Braunbären, Luchse und Wölfe aber auch als Kohlenstoffsenke und Lieferant von vielen weiteren Ökosystemleistungen.

Welche Hürden gibt es derzeit, diese Bestände zu schützen?

Kathmann: Die rumänischen Wälder sind noch immer durch Holzeinschlag bedroht. Nicht nur illegaler, sondern auch legaler Holzeinschlag ist in diesen Wälder kritisch zu sehen. Selbst vor Nationalparks machen zerstörende Einschlagpraktiken nicht halt, befeuert durch Korruption und schwache Gesetzgebung.

Im Jahr 2012 wurde ein „Nationaler Katalog von Urwäldern und alten Wäldern“ vom rumänischen Ministerium für Umwelt, Wasser und Wälder implementiert (Order no. 1417/11.07.2016). In diesem Katalog sollen alle rumänischen Urwälder registriert werden, wodurch der Schutz dieser Gebiete gewährleistet werden soll. Diese Gebiete werden zurzeit von verschiedenen NGOs und Privatpersonen kartiert. Eine systematische, landesweite Inventur der Wälder fehlt allerdings. Die letzte rumänienweite Inventur von Primärwäldern wurde im Jahr 2005 im Rahmen des niederländischen PinMatra-Projekts durchgeführt. Da auf diesen Flächen weiterhin Holzeinschlag stattfindet, wird diese Inventur heute, zwölf Jahre später, nicht mehr aktuell sein. Eine offizielle landesweite Inventur aller alten Buchen- und Primärwälder, die auf dem heutigen Stand ist gibt es nicht. Das Ziel unserer Karte ist es, diese Lücke zu schließen.

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Wie sind Sie bei der Kartierung zusammen mit Greenpeace Rumänien vorgegangen?

Kathmann: Da von offizieller Seite keine Methodik zur landesweiten Inventur der Wälder gestellt wurde, haben wir eine Methodik entwickelt. Mittels Fernerkundung wurden Walgebiete anhand ihrer Struktur als potentielle Urwaldgebiete eingestuft und anthropogene Störungen, die einen Urwald ausschließen, wurden aus den Gebieten entfernt. Anhand von Satellitenbildanalyse kann allerdings nicht endgültig festgestellt werden, ob diese Wälder nicht doch menschliche Einflüsse aufweisen, die auf dem Satellitenbild nicht erkennbar waren. Der nächste Schritt ist also die Begehung dieser Wälder. Dazu ist jeder herzlich eingeladen, vor allem aber muss die rumänische Regierung eine Inventur durchführen und bestenfalls diese fortführen.

Wie hat denn die rumänische Regierung bislang auf Ihre Arbeit reagiert?

Pierre Ibisch: Wenige Tage nach Veröffentlichung der von uns herausgegebenen Karte zu den rumänischen Urwaldpotenzialgebieten wurde Greenpeace Rumänien von der Umweltministerin Doina Adriana Pană zum persönlichen Gespräch eingeladen. Die Ministerin bezeichnete die Karte als dringend nötig und äußerte die Absicht, sie als Arbeitsgrundlage zu verwenden. Dies ist angesichts der derzeitigen forstlichen Dynamik in Rumänien mit entsprechender Intransparenz von Prozessen, illegalem Holzeinschlag und auch der massiven Kritik an FSC-zertifizierten Unternehmen ein großer Erfolg.

Was sind die nächsten Schritte, damit die Urwälder Rumäniens nachhaltig geschützt werden können?

Kathmann: Das Ziel ist nun, aus den identifizierten Urwaldpotentialgebieten die tatsächlichen Urwälder herauszufiltern. Danach fordern wir die Aufnahme der Wälder in den Katalog und damit deren Unterschutzstellung. Zudem ist ein Managementkonzept für diese Wälder nötig, um deren tatsächlichen und nachhaltigen Schutz zu garantieren.

Ibisch: Als Hochschule werden wir uns weiter mit unseren Partnern in Rumänien sowie in ganz Europa für die Bewertung und die Bewahrung von Urwäldern einsetzen. Dies geschieht auch bereits im Rahmen des von uns mitbegründeten European Beech Forest Network.

Quelle: UD/pm
 

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