HAKRO: Klimaschutzziel deutlich vor Plan erreicht
Gibt es auch: Klimaschutzziele, die schneller erreicht werden als geplant. Dem Corporate-Fashion-Anbieter HAKRO ist das gelungen. Seine Tätigkeiten in Verwaltung und Logistik wollte der baden-württembergische Mittelständler eigentlich bis Ende 2020 klimaneutral stellen, erreicht hat HAKRO das Ziel drei Jahre vor Plan. Dank kräftiger Effizienzgewinne und zusätzlicher Kompensation.
03.12.2019
Wie klimafreundlich Logistikzentren heute schon aufgestellt werden können, lässt sich am HAKRO-Unternehmenssitz in Schrozberg beobachten. Der Textilhändler setzt dort auf Solarenergie und ein Blockheizkraftwerk, womit er nach eigenen Angaben je nach Jahreszeit 80 bis 100 Prozent des benötigten Stroms decken kann. Überschüsse werden in einer 100 kWh Batterie gespeichert oder ins Netz eingespeist. Ein intelligentes Gebäudemanagement steuert die gesamte Technik. Einen kleinen Anteil zugekauften Stroms bezieht HAKRO aus regenerativen Quellen.
Stromversorgung komplett emissionsfrei
Die Stromversorgung am Unternehmenssitz ist damit nach Angaben des Mittelständlers bereits komplett emissionsfrei. Seinen Fuhrpark trimmt das Unternehmen sukzessive auf klimafreundlichere Fahrzeuge. Unvermeidbare Klimagase, die im Unternehmen aktuell noch anfallen, werden über ClimatePartner kompensiert – und zwar rückwirkend bis 2016. Dazu zählen auch alle Flug- und Geschäftsreisen und die täglichen Arbeitswege aller Beschäftigten. Davon profitiert nicht nur die Atmosphäre, sondern auch Menschen in Bangladesch, einem der Hauptproduzentenländer von HAKRO.
In dem südasiatischen Land fördert der Textilhändler ein Projekt, das Familien vor Ort mit sauberen Kochöfen ausstattet. Es unterstützt die Vermeidung von Treibhausgasemissionen und fördert darüber hinaus die Gesundheit: Denn üblicherweise wird in Bangladesch, wie in vielen anderen armen Ländern, auf offenen Öfen gekocht, in denen ein Feuer gemacht wird, dessen Rauch nicht aus dem Raum abgeleitet werden kann. Diese ineffizienten Öfen verbrauchen viel Brennholz, verursachen hohe Treibhausgasemissionen und verschmutzen die Luft in den Häusern mit giftigen Abgasen.
WHO: „Die vergessenen drei Milliarden“
Das hat gravierende Folgen: Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass jedes Jahr weltweit rund 3,8 Millionen Menschen vor ihrer Zeit sterben, weil sie Öfen ohne Abluft nutzen und somit in ihren Häusern dreckiger Atemluft ausgesetzt sind. Die Haupt-Todesursachen laut WHO: Lungenentzündungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle. Nach Angaben der UN-Organisationen sind weltweit insgesamt drei Milliarden Menschen solchen Öfen ausgesetzt; sie spricht von den „vergessenen drei Milliarden“.
Genau hier setzt HAKRO mit seinem klima- und Gesundheitsschutzprojekt an: Das Institut ClimatePartner berechnet die verbleibenden CO2-Emissionen, die HAKRO in Verwaltung und Logistik noch verursacht, und stellt eine Kompensationszahlung an das Klimaschutzprojekt in Bangladesch in Rechnung. Im Jahr 2018 waren das knapp 784 Tonnen CO2-Äquivalente, für die HAKRO rund 12.000 Euro an ClimatePartner überwiesen hat – genug für etwa 900 saubere Öfen vor Ort.
Die Vorteile der sauberen Kochöfen sind gewaltig: Die schlichten Konstruktionen, erbaut aus Zement, Ton oder Metall, führen die Rauchgase mittels Kamin nach außen, halten die Luft im Raum somit sauber, sparen zudem bis zu 50 Prozent Brennstoff und verursachen entsprechend weniger CO2-Emissionen. Die Öfen selbst werden vor Ort hergestellt und können somit Arbeitsplätze schaffen.
Das Projekt zahlt damit auf eine ganze Reihe der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung ein: auf den Klimaschutz ebenso wie auf den Kampf gegen Armut oder die Förderung von Gleichberechtigung. Denn meist sind es Frauen und Mädchen, denen die Aufgabe des Holzsammelns und Kochens zufällt. Den hohen Nachhaltigkeitsnutzen des Projektes unterstreicht auch der „Gold Standard (GS) VER“, eine Art Gütesiegel, mit dem die gleichnamige Schweizer Zertifizierungsgesellschaft das Kompensationsprojekt ausgezeichnet hat.
Klimaneutralität in Vergangenheit verlängert
Insgesamt konnte der Mittelständler in den Jahren 2017 und 2018 rund 1.444 Tonnen CO2 über dieses Projekt kompensieren. Nach Angaben des Unternehmens wurden neben Standort-Emissionen auch alle von Geschäftsreisen verursachten Klimagase ausgeglichen, darunter auch die täglichen Arbeitswege aller Beschäftigten.
Überraschend ist das Engagement des Textilhändlers für das Klima im Allgemeinen und für Bangladesch im Speziellen nicht: Das südasiatische Land zählt zu den Hauptproduzentenländern von HAKRO. Das Handelsunternehmen lässt dort seit 1999 T-Shirts und Poloshirts herstellen, und das in erheblichen Mengen: Für das Jahr 2018 gibt der Mittelständler die anteilige Liefermenge aus Bangladesch mit 32 Prozent an. Nur in der Türkei lässt er mehr herstellen.
Menschenrechte: Einfluss vor Ort nehmen
Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in der Hauptstadt Dhaka für HAKRO arbeiten, werden nach Selbstauskunft des Unternehmens über dem Mindestlohn bezahlt. Außerdem profitieren die Beschäftigten von einigen freiwilligen Sozialleistungen, die über den Partnerbetrieb vor Ort umgesetzt werden, von einem Betriebsarzt etwa oder Bustransfers von und zur Arbeitsstätte. Mindestens zwei Mal im Jahr macht sich das HAKRO-Team zudem selbst vor Ort ein Bild über die Arbeitsbedingungen.
„In puncto Menschenrechte“, heißt es im HAKRO-Nachhaltigkeitsbericht 2019, zähle Bangladesch nach wie vor zu einem der „Risikoländer“. Die Produktion abzuziehen, halte man indes für falsch. „Vielmehr wollen wir unseren Einfluss geltend machen und zur Verbesserung der Arbeits- und Lebenssituation der Menschen in den Produktionsländern beitragen.“ Das Textilunternehmen hat dazu auch einen Solidaritätsfonds eingerichtet, der Kosten für ärztliche Leistungen im Unfall- oder Krankheitsfall sowie Medikamente trägt. HAKRO will dafür jährlich ein Prozent der beim Produktionspartner getätigten Einkaufssumme bereitstellen.
Nachhaltigkeit kommt weiter
Dass dieses Engagement für Unternehmen nicht immer leicht ist, hat HAKRO bei seinen Partnern vor Ort erfahren müssen. Produzenten, die sich für höhere Löhne als die gesetzlich festgeschriebene Mindestlöhne einsetzten, würden „teilweise sogar diskriminiert, etwa durch Behinderungen bei der Ausfuhr“, heißt es im Nachhaltigkeitsbericht. Von seinem Engagement hat das den Textilhändler allerdings nicht abgehalten. „Von Kunden und von anderen Unternehmen erhalten wir durchweg positives Feedback“, so Jochen Schmidt, der bei HAKRO für Nachhaltigkeit und Qualität zuständig ist. 2018 brachte dieses Engagement dem Mittelständler sogar eine Nominierung für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis.