Technologien gegen den Klimawandel: Finanzierung, Begriffe und aktuelle Trends
Der Markt für Klimatechnologien zur Reduzierung der weltweiten CO2-Emissionen hat enormes Wachstumspotenzial. Dennoch fehlt vor allem Start-ups oft das nötige Geld, um ihre Ideen schnell umzusetzen. Ein Überblick über die Finanzierungslage und aktuelle Technologie-Trends.
12.12.2022
„Was das Ziel angeht, die Erderwärmung zu stoppen, war sie eine verlorene Konferenz“, beurteilte Professor Andreas Goldthau von der Universität Erfurt die vergangene Weltklimakonferenz COP 27 im ägyptischen Sharm El Scheikh. Positiv sei allerdings die Gründung eines Fonds, mit dem ab 2024 die Risiken der Erderwärmung und ihrer Folgen finanziell abgefedert werden sollen. Darüber hinaus sollen Entwicklungsinstitute wie die Weltbank ihre Finanzpolitiken in Richtung Nachhaltigkeit ausrichten: „Das ist tatsächlich ein wichtiger Schritt. Denn der Ausbau sauberer Energietechnologien scheitert oftmals an zu risikoreichen Investitionsbedingungen. Hier können staatlich getragene Finanzinstitute für das notwendige ,De-riskingʻ sorgen und so private Akteure ins Spiel bringen“, so Goldthau.
Mehr Technik und mehr Innovationen zur Bekämpfung des Klimawandels sind Ansätze, die auch die Politik – zumindest dem Wort nach – voll unterstützt. Bundesfinanzminister Christian Lindner spricht in diesem Zusammenhang vom „German Engineered Klimaschutz“ und setzt dabei auf synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff, smarte Lösungen für Immobilien und Verkehr oder CO2-Speicherung. Nur war der „German Engineered Klimaschutz“ in der Vergangenheit immer chronisch unterfinanziert, analysierte das Handelsblatt auf Grundlage einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (Dena) vom Herbst 2021. In der Studie wurde die künftige Bunderegierung aufgefordert, bessere Anreize für die Wachstumsfinanzierung neuer Klimatechnologien zu schaffen.
„Bis 2030 müssten mehr als 200 Milliarden Euro an Risikokapital in Klimatechnologien fließen, um die deutschen Klimaziele – die Treibhausgase verglichen mit 1990 um 65 Prozent zu senken – zu erreichen. Jährlich also 22,7 Milliarden Euro für den Aufbau und die Entwicklung von Klimatechnologie-Start-ups.“ Noch im letzten Jahr waren davon allerdings weniger als fünf Prozent bereitgestellt worden. Einer Befragung des Handelsblatts zufolge war – neben den langwierigen Genehmigungsverfahren – die strenge Risikokultur der Investoren auch genau das Problem, das etwa Klimatechnologie-Start-ups haben, um ihre Ideen schnell umzusetzen.
World Fund für Klima-Tech-Firmen
Auch das Beratungsunternehmen PwC hat die Problemlage erkannt. Nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa: „In Europa gab es bislang nur wenige Wagniskapitalgeber, die gezielt in Klimatechnologie-Start-ups investieren. Dabei brauchen aufstrebende Unternehmen, die klimarelevante Technologien entwickeln, Kapital für die Umsetzung ihrer Ideen“, so PwC. „Aus diesem Grund hat PwC Deutschland beschlossen, in World Fund zu investieren, mit einem Volumen von 350 Millionen Euro einer der größten europäischen Klima-Fonds.“
2021 gegründet, will World Fund Climate-Tech-Firmen dabei unterstützen, den Klimawandel zu bekämpfen. Dabei investiert der Fond in europäische Klima-Start-ups, die direkten Einfluss auf die Reduzierung von CO2-Emissionen haben, erklärt PwC. Allerdings müssen die Ideen das Potenzial haben, mindestens 100 Megatonnen an CO2-Emissionen pro Jahr einzusparen. „World Fund will vor allem in Sektoren investieren, die zu den größten CO2-Verursachern gehören, also Bau, Energie, Industrie, Mobilität sowie Landwirtschaft und Ernährung. Um geeignete Climate-Tech-Start-ups zu finden, haben die Expert:innen von World Fund ein Verfahren entwickelt, um das Klima-Performance-Potenzial eines Start-ups zu bewerten.“
Klimatechnologien: ein begrifflicher Überblick
Ob Clean Tech, Green Tech oder Climate Tech: Für Klimatechnologien gibt es unterschiedliche Namen. Aufgrund der Klimakrise, dem gesellschaftlichen Wandel und steigenden rechtlichen Anforderungen wie etwa der EU-Taxonomie-Verordnung bescheinigen unterschiedliche Fachleute dem Markt der Klimatechnologien ein enormes Wachstumspotenzial: „Climate-Tech-Unternehmen sind hoch skalierbare Technologieunternehmen mit positiver Klimawirkung und technologischen Lösungen, die die Auswirkungen des Klimawandels mildern und widerstandsfähige Gemeinschaften aufbauen sollen“, erklärt der Auditor Andreas Öser, Netzwerkpartner qualityaustria.
Dabei würden zum einen mittels Mitigationstechnologien Innovationen zum Beispiel in der nachhaltigen Infrastruktur im Gebäudesektor, Energiespeicherung und Netzinfrastruktur im Elektrizitätssektor, gesündere Nahrung, verkürzte Lieferketten und Elektrofahrzeuge im Transportsektor geschaffen. Zum anderen bereiteten Resilienztechnologien Menschen, Gemeinschaften und Infrastrukturen auf die Auswirkungen des Klimawandels vor, so Öser.
Der Begriff Green Tech bezieht sich wiederum auf Technologien zur sauberen Energiegewinnung, deren Ziel es sei, die Umwelt zu schützen, Umweltschäden der Vergangenheit zu reparieren und die natürlichen Ressourcen der Erde zu schonen: „Bei Clean-Tech wird speziell auf Produkte oder Dienstleistungen eingegangen, welche die Betriebsleistung verbessern und dabei gleichzeitig Kosten, Energieverbrauch, Abfall oder sonstige negative Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren können.“
Mit Deep Tech zu mehr Nachhaltigkeit
Mit dem steigenden Digitalisierungsgrad der Gesellschaften kommt mit der sogenannten „Deep Tech“ ein weiterer Begriff ins Spiel, der auch im Nachhaltigkeitskontext immer wichtiger wird. Laut German Deep Tech Institute bezeichnet er Lösungen, die auf gänzlich neuen wissenschaftlichen Grundlagen beruhen. „Neben Künstlicher Intelligenz (KI), Vernetzung mit dem neuen und ultraschnellen Mobilfunkstandard 5G, Biotech oder Robotik gelten unter anderem Quantencomputer als Innovationstreiber“, erklärt hierzu Kyocera Document Solutions Deutschland. „Diese liefern entscheidend mehr Rechenleistung als klassische Computer und können somit extrem große Datenmengen verarbeiten. Das ist für die Sammlung und Auswertung von Betriebsdaten etwa zum CO2-Ausstoß unerlässlich.“
Der Experte für modernes Dokumentenmanagement weist in seinem Unternehmens-Blog daraufhin, dass auch kleinere und mittelgroße Firmen von derartigen Innovationen durch Prozessoptimierung und Kosteneinsparungen profitieren können. Darüber hinaus würden sich Use-Cases unter anderem in der Datenanalyse, insbesondere im Gesundheitswesen, dem Verkehrssektor und im Bereich der Umwelttechnologien ergeben. Ein Beispiel aus dem Bereich nachhaltiger Logistik ist in diesem Zusammenhang die Softwarelösung des Start-ups GRYN. Diese bildet in Echtzeit die Emissionen von Transportmitteln über ein Dashboard ab und identifiziert hier Einsparungspotenziale.