Wie die EU die CO2-Grenzabgabe gerecht gestalten kann
Die EU plant die Einführung einer neuen Abgabe auf kohlenstoffintensive Importwaren. Forscherinnen des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) geben Empfehlungen, wie dabei Fragen der Gerechtigkeit und der Partizipation berücksichtigt werden können.
05.04.2023
Der CO2-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM), der im Oktober 2023 eingeführt werden soll, soll sicherstellen, dass die europäischen Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen nicht zu einem so genannten „Carbon Leakage“ führen. Dies würde passieren, wenn in der EU ansässige Unternehmen ihre kohlenstoffintensive Produktion in Länder mit weniger ehrgeizigen Klimastandards verlagern oder ihre Importe kohlenstoffintensiver Produkte erhöhen.
Der CO2-Grenzausgleich sieht vor, dass Unternehmen, die bestimmte Produkte in die EU importieren, die damit verbundenen Treibhausgasemissionen durch den Kauf von CBAM-Zertifikaten ausgleichen müssen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Kohlenstoffpreis für importierte Produkte dem Preis für Produkte entspricht, die von europäischen Herstellern im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (ETS) hergestellt werden. Die Wirksamkeit und die Auswirkungen des CBAM will die EU gegen Ende des Einführungszeitraums bewerten.
Volkswirtschaften und Sektoren, die von Exporten in die EU abhängig sind, sind von dem Mechanismus stärker betroffen. Der Policy Brief stützt sich auf Perspektiven von Akteuren aus Südafrika, dem größten Handelspartner der EU in Afrika, aber die Erkenntnisse sind auch für allgemeine Fragen rund um den CBAM von Bedeutung. Die Autorinnen sprechen drei zentrale Empfehlungen für die europäischen Entscheidungsträger aus:
1. Stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft in gefährdeten Ländern
Um die Beteiligung von Interessengruppen aus Drittländern zu ermöglichen, muss insbesondere auf Bedürfnisse und Unzulänglichkeiten aktueller Partizipationsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft eingegangen werden. Dazu gehören formelle Mechanismen innerhalb der institutionellen Struktur der EU zur Erleichterung von Konsultationen, regionale Rundtischgespräche, bei denen Interessengruppen zu Wort kommen, und an die Zielgruppen angepasste Online-Plattformen zur Bereitstellung von Informationen und zur Förderung der Beteiligung.
2. Forschung zu den Auswirkungen des CBAM durch lokale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
Die EU sollte länderspezifische Studien von Forschenden im Globalen Süden über die Auswirkungen des CBAM fördern. Diese Unterstützung sollte finanzielle Mittel und technische Hilfe umfassen, um die politischen Auswirkungen auf die Handelspartner besser zu verstehen. Die Studien sollten in eine wissenschaftlich fundierte und kontextabhängige Evaluierung des Mechanismus einfließen.
3. Auseinandersetzung mit den erwarteten und beobachteten Auswirkungen des CBAM
Die Kommunikation der EU sollte sich mit den erwarteten und beobachteten Auswirkungen des CBAM auf die Handelspartner und den Folgen für die Klimagerechtigkeit befassen. Die Verteilungswirkungen des Mechanismus sollten in einem Sonderbericht untersucht werden, und Maßnahmen, die unverhältnismäßige Auswirkungen abmildern oder ausgleichen können, sollten in das System integriert werden.