Rekordsumme für deutsche Start-ups
Die Investitionen in deutsche Start-ups haben 2015 ein neues Rekordniveau erreicht. Insgesamt wurden knapp 3,1 Milliarden Euro in deutsche Start-ups investiert, das ist fast doppelt so viel Geld wie im Vorjahr, als 1,6 Milliarden Euro investiert wurden und fast fünfmal so viel wie 2013. Das sind Ergebnisse des Start-up-Barometers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Die Studie beruht auf einer Analyse der Risikokapitalinvestitionen in Europa in den Jahren 2013 bis 2015.
15.03.2016
Das meiste Geld ist nach Berlin geflossen: Investoren versorgten im vergangenen Jahr Berliner Start-ups mit insgesamt 2,1 Milliarden Euro an frischem Kapital – insgesamt wurden in Berlin 205 Finanzierungsrunden gezählt, von denen 183 Berliner Unternehmen profitierten. Damit konnte die Berliner Start-up-Szene ihre Spitzenposition in Deutschland abermals ausbauen: Im Ranking der Bundesländer belegt Bayern mit 74 Transaktionen den zweiten Platz. Gemessen am Investitionsvolumen liegt Hamburg mit knapp 300 Millionen Euro hinter Berlin.
Auch europaweit hatte Berlin im vergangenen Jahr die Nase vorn: Im europäischen Städte-Ranking belegt die Bundeshauptstadt vor London (1,7 Milliarden Euro), Stockholm (992 Millionen Euro) und Paris (687 Millionen Euro) den ersten Platz. Hamburg und München belegen mit 296 und 206 Millionen Euro den fünften und sechsten Rang im Europa-Ranking.
Europaweit wurden 2015 insgesamt knapp 11,8 Milliarden Euro in Jungunternehmen investiert – ein Anstieg um 56 Prozent gegenüber dem Vorjahr und ein neuer Rekordwert. Dabei konnten deutsche Start-ups erstmals mehr Geld einwerben als britische Jungunternehmen: Britische Start-ups erhielten 2,6 Milliarden Euro – 46 Prozent mehr als 2014. Auf dem dritten Platz rangiert Frankreich mit 1,5 Milliarden Euro – 28 Prozent mehr als im Vorjahr.
Nicht alle profitieren
Trotz des Investitionsbooms in Deutschland: Längst nicht alle Firmenneugründungen haben etwas vom Geldregen. Insgesamt haben im vergangenen Jahr 371 Jungunternehmen Risikokapital erhalten – nur 48 von ihnen konnten sich über eine zweistellige Millionensumme freuen, gerade einmal neun Unternehmen erhielten mehr als 50 Millionen Euro. Mit Abstand das meiste Kapital konnte der Lieferdienst Deliveryhero einwerben, der insgesamt fast 590 Millionen Euro erhielt.
Peter Lennartz, Partner bei EY, kommentiert: „Deutsche und ausländische Investoren nehmen zunehmend deutsche Internet- und Technologie-Start-ups ins Visier. Die Risikobereitschaft und der Anlagedruck sind so groß wie lange nicht mehr – und die starken Schwankungen an den Aktienmärkten, die anhaltende Niedrigzinsphase und die gleichzeitig immer deutlicher werdende enorme Bedeutung der Digitalisierung machen junge Technologieunternehmen zu reizvollen Investitionszielen“.
Erfolgreiche Exits
Der Investitionsboom wird zusätzlich befeuert durch zahlreiche erfolgreiche Exits, die zeigen, dass deutsche Start-ups attraktive und renditeträchtige Investitionsziele sein können. So konnte windeln.de, ein Onlineshop für Babybedarf, bei seinem Börsengang 183 Millionen Euro erlösen. Und 360T, eine Devisenhandelsplattform mit Sitz in Frankfurt, wurde für 725 Millionen Euro von der Deutschen Börse gekauft. Das Berliner Start-up 6Wunderkinder wurde von Microsoft übernommen – laut Marktgerüchten für einen dreistelligen Millionenbetrag.
„Erfolgreiche und große Exits zeigen, dass sich das Investment auch für die Kapitalgeber lohnen kann – das schafft zum einen Vertrauen, zum anderen aber auch die unbedingt nötige internationale Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit für die deutsche Start-up Szene“, betont Lennartz. Allerdings: „Für die große Mehrheit der deutschen Start-ups bleibt es eine Herausforderung, die zur Expansion nötigen Finanzmittel zu erhalten“.
Unternehmensneugründungen mit innovativen Geschäftsmodellen, einem überzeugende Gründerteam haben es dabei nicht mehr so schwer, an frisches Geld zu kommen, wie noch vor ein oder zwei Jahren. Business Angels, erfolgreiche Gründer nach einem Exit, kleineres VCs, Acceleratoren sowie staatliche Förderprogramme bieten inzwischen reichlich Gelegenheit zur Frühphasenfinanzierung. Die Probleme beginnen bei Finanzierungen im höheren einstelligen Millionenbereich: „Für die internationalen Investoren sind Investitionen unter zehn Millionen Euro einfach viel zu klein – für deutsche Fonds und Angels dagegen sind Finanzierungen von mehr als fünf Millionen Euro – noch – zu groß.“