Baumwollproduktion in Indien: Studie zeichnet beklemmendes Bild
Überlange Arbeitszeiten, niedrige Löhne, fehlende Arbeitsverträge - diese Missstände treten in der gesamten textilen Kette auf. Die jetzt von Südwind, Prayas und Inkota vorgelegte Studie zu den Arbeitsbedingungen in indischen Entkernungsfabriken, in denen die Rohbaumwolle zu Baumwollfasern verarbeitet wird, lenkt den Blick auf eine in Deutschland relativ unbekannte Verarbeitungsstufe in der Baumwollproduktion.
03.06.2015
Auf der Grundlage einer Befragung von Beschäftigten aus vier Entkernungsfabriken im indischen Bundesstaat Gujarat, die vom Südwind-Partner Prayas Ende 2014 durchgeführt wurde, zeichnet die Studie ein beklemmendes Bild der Arbeitswelt in der Baumwollproduktion und vermittelt darüber hinaus einen Einblick in die gesamte indische Textil- und Bekleidungsproduktion und ihre Arbeitsbedingungen.
„Obwohl die Arbeit in den Entkernungsfabriken Indiens überwiegend saisonal stattfindet, ist sie eine zentraler Bestandteil der industriellen Baumwollverarbeitung, ohne die keine Baumwollfaser in die Spinnereien gelangen würde“, erläutert Dr. Sabine Ferenschild vom Südwind-Institut, eine der Autorinnen der Studie.
Indien gehört zu den führenden Ländern auf dem Weltmarkt für Textilien und Bekleidung.
Ca. 35 Millionen Inder sind direkt in diesem Sektor beschäftigt, weitere 45 Millionen indirekt. Nach dem Agrarsektor ist die Textilbranche damit der größte Beschäftigungssektor in Indien und bietet 18 Prozent der industriellen Arbeitsplätze an. „Die hohe nationale wie internationale Bedeutung der indischen Textil- und Bekleidungsproduktion lässt Indien deshalb auch ins Zentrum rücken, wenn es um soziale und ökologische Verbesserungen in der globalen Lieferkette von Bekleidung geht“, so Ferenschild weiter.
Seit dem Einsturz von Rana Plaza in Bangladesch im Frühjahr 2013 sowie der im Zuge der Aufarbeitung der Unglücksursachen erfolgten Gründung des "Bündnisses für Nachhaltige Textilien" im Oktober 2014 in Berlin ist die Debatte um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der textilen Kette zwischen allen beteiligten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft auf einem neuen Höhepunkt. Die Studie will einen Beitrag dazu leisten, dass diese Debatte sich nicht auf Bangladesch und die letzte Verarbeitungsstufe von Textilien beschränkt.
Sie ist zugleich ein Beitrag zur Arbeit der Arbeitsgruppe "Baumwolle Plus" der Kampagne für Saubere Kleidung, die sukzessive arbeitsbezogene Missstände auf den verschiedenen Stufen der textilen Kette untersucht und Ansätze zu ihrer Behebung aufzeigt.
Die von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen geförderte Studie kann über info@suedwind-institut.de bestellt werden und steht ab sofort hier zum Download bereit.