Mobilität & Logistik

Mehr Gütertransport auf die Schienen!

Sicher, zuverlässig und eine bessere Klimabilanz: Bei einem funktionierenden Schienennetz ist der Gütertransport auf Gleisen insbesondere dem Lkws-Warentransport gegenüber überlegen; auf langen Strecken betrachtet. Auch Unternehmen entdecken die Vorteile des Schienengüterverkehrs wieder für sich. Ein Überblick aktueller Entwicklungen.

31.12.2024

Mehr Gütertransport auf die Schienen!

740 Meter: Das soll die neue Standardlänge für Güterzüge werden, die Waren quer durch Europa transportieren. Damit kann ein einziger Zug genauso viele Dinge von A nach B bringen wie umgerechnet 52 Lkw, heißt es bei Deutschlandtakt, der Leitstrategie der Deutschen Bundesbahn für ein zukunftsfähiges Schienennetz. Damit das funktioniert, muss das Schienennetz hierzulande aber erst einmal angepasst werden. So müssen zum Beispiel ausreichend 740-Meter-Gleise gebaut werden, auf die Güterzüge mit bis zu 35 Containertragwagen bei Bedarf ausweichen können. Etwa um einen schnelleren Personenzug vorbeizulassen, der auf der Schiene Vorrang hat.

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Der Bund hat dafür 680 Millionen Euro bereitgestellt. Diese und weitere Maßnahmen legt er in seinem Masterplan Schienenverkehr dar. Die Vorteile liegen auf der Hand: Längere Züge bedeuten eine höhere Produktivität bei sinkenden Betriebskosten des Schienengüterverkehrs. „Die Hälfte des Schienengüterverkehrs in Deutschland ist heute grenzüberschreitend, Tendenz steigend. Auch andere Trends eröffnen dem Schienengüterverkehr neue Chancen, darunter die zunehmende Containerisierung oder die stark wachsende Bedeutung der Energieeffizienz. Zugleich ist der Schienenverkehr durch die Marktöffnung und die entstandene neue Anbietervielfalt wettbewerbsfähiger und kundenorientierter geworden“, skizziert der Interessenverband Allianz pro Schiene die Entwicklung des Schienengüterverkehrs.

Marktentwicklung des Warenverkehrs

Insgesamt will die Bundesrepublik 25 Prozent der Güter bis 2030 auf der Schiene transportieren, wie sie im Masterplan Schienenverkehr ausführt. Um einzuschätzen, ob dieses Ziel realistisch ist, muss man sich die Marktentwicklung des Schienengüterverkehrs anschauen. Zahlen hierfür kann man bei der Allianz pro Schiene nachlesen: Ihren Angaben nach hat sich dessen Verkehrsleistung in den letzten Jahrzehnten trotz schrumpfendem Schienennetz nahezu verdoppelt. Auch die Corona-Pandemie konnte diese Entwicklung nur vorübergehend stoppen: „Schon 2021 war der Einbruch der Krisenjahre 2019 und 2020 wettgemacht. Aktuell wird dieser Erfolgstrend allerdings von den schwierigen Wettbewerbsbedingungen und der überlasteten Schieneninfrastruktur gebremst, die Güterbahnen haben Mühe, ihre Marktanteile zu behaupten.“ 

Diese Einschätzung belegt Allianz pro Schiene unter anderem durch Angaben der Bundesnetzagentur und des Bundesverkehrsministeriums: Betrug die Schienentransportleistung vor zwei Jahren zirka 140 Milliarden Tonnenkilometer, was einem Marktanteil von 19,8 Prozent entspricht, lag er 2012 nur 2,1 Prozentpunkte darunter: „Der Marktanteil des Schienengüterverkehrs steigt also nur sehr langsam, weil auch die Verkehrsleistung auf der Straße weiter zunimmt.“ Zum Vergleich: 2022 hatten Lkw einen Anteil von 71,03 Prozent und Binnenschiffe einen Anteil von 6,4 Prozent am Güterverkehr. Der Rest entfiel auf Rohölfernleitungen. 

Darum wird der Schienengüterverkehr ausgebremst

Neben der investitionsbedürftigen Schieneninfrastruktur mit ausreichenden Ausweichgleisen gibt es weitere Gründe, warum der Schienengüterverkehr in Deutschland nicht schneller Fahrt aufnimmt. Dazu gehören laut dem Interessenverband zum Beispiel die hohe Stromsteuer für die Güterbahnen, ein veraltetes Kupplungssystem per Handarbeit, Kaufprämien für Lkw oder die Dieselsubvention: „Für Dieselkraftstoff müssen 19 Cent weniger Steuern gezahlt werden als für Benzin. Da es beim Lkw anders als beim Pkw keine Korrektur über unterschiedliche Kfz-Steuersätze gibt, profitieren Lkw uneingeschränkt von dieser Subvention“, erklärt Allianz pro Schiene. „Güterbahnen, die ihre Transportleistung zu 93 Prozent elektrisch erbringen, kämpfen preislich gegen einen subventionierten Dieselantrieb auf der Straße.“ 

Auch dass Gewerbegebiete nicht automatisch einen steuerfinanzierten Gleisanschluss bekommen, ist laut Allianz pro Schiene ein weiterer Hinderungsgrund: „Während jedes Unternehmen in Deutschland ans Straßennetz angeschlossen ist, verfügt nur ein Bruchteil über einen direkten Zugang zum Schienennetz. Auch die Kosten für den Anschluss an die Verkehrsinfrastruktur fallen höchst unterschiedlich aus. Unternehmen erhalten in der Regel kostenlosen Zugang zum Straßennetz. Der Anschluss an das Schienennetz ist dagegen mit erheblichem Eigenmitteleinsatz und jahrelangen Verpflichtungen zur Verkehrsverlagerung verbunden.“

Containerhafen

Verschiedene Unternehmen zeigen, wie es geht

Es gibt allerdings einige Unternehmen, die beim Transport (wieder) auf die Schiene setzen und etwa stillgelegte Gleise reaktiviert haben. „Volkswagen etwa mit der Bahnstrecke vom Stammwerk in Wolfsburg bis zum Hafen in Emden, um den Güterverkehr effizienter zu gestalten. Das Chemieunternehmen BASF hat zwischen Ludwigshafen und dem Hafen im belgischen Antwerpen Schienen reaktiviert. Auch Siemens hat in den letzten Jahren Schieneninfrastruktur erneuert“, berichtet darüber Fokus.

Auch der Konsumgüter-Riese Procter & Gamble hat im September 2022 die Eröffnung des reaktivierten Gleisanschlusses auf dem Betriebsgelände in Crailsheim – der Standort fungiert Unternehmensangeben zufolge als logistischer Knotenpunkt im europäischen Distributionsnetzwerk von P&G – bekanntgegeben. Mit der Wiederinbetriebnahme des über 600 Meter langen Schienenstrangs und dem Bau des Kombiverkehrsterminals auf dem Werksgelände baut P&G den intermodalen Transport seiner Marken wie Always, Ariel, Swiffer oder Pampers weiter aus. Damit übernehme Crailsheim eine Vorreiterrolle innerhalb von P&G in Europa. „Der über 600-Meter-lange Gleisanschluss wurde bereits während des Baus des Werks vor über 40 Jahren angelegt, war jedoch zwischenzeitlich stillgelegt. In einer neunmonatigen Bauphase wurde der bestehende Streckenabschnitt modernisiert und reaktiviert“, so das Unternehmen. „Zudem wurden Investitionen in eine eigene Rangierlok und einen modernen Hebekran getätigt, um den intermodalen Containerumschlag zwischen Lkw und Zug zu ermöglichen.“

Was ist kombinierter Verkehr?

In Zukunft wird der kombinierte Verkehr, bei dem der Warentransport mit Hilfe verschiedener Verkehrsmittel erfolgt, an Bedeutung gewinnen, wie zum Beispiel das Statistische Bundesamt sagt. Der Ferntransport von standardisierten Ladeeinheiten (z. B. Container oder Wechselbehälter) finde dabei in der Regel durch die Eisenbahn oder mit Schiffen statt. Den Güterverkehr im Nahbereich würden Lkw übernehmen.

Bei der Klimabilanz liegen Güterzüge deutlich vorn

Laut P&G werden durch die Maßnahme im übertragendem Sinn 6.000 bis 10.000 Lkw pro Jahr auf die Schiene verlagert, was den Verkehr auf Autobahnen und lokalen Straßen rund um Crailsheim entlastet. Dazu würden CO2-Emissionen eingespart. „Diese Eröffnung markiert einen wichtigen Meilenstein für unser Unternehmen und die Region Crailsheim. Wir sind stolz darauf, als einer der Vorreiter Teil der nachhaltigen Logistiklösung für die Zukunft von P&G zu sein und gleichzeitig als guter Nachbar einen Beitrag zur Reduzierung der Verkehrsbelastung und CO2- Emissionen in der Region zu leisten“, meint Ilkay Ormandy, Standortchefin bei P&G Crailsheim.

Schaut man sich die Klimabilanz von Lkw, Schiene und Binnenschifffahrt im Güterverkehr in Gramm pro Tonnenkilometer an, wird deutlich, dass Güterzüge im Vergleich zu den anderen Transportlösungen deutlich weniger Treibhausgase emittieren (Lkw: 111, Züge: 17, Binnenschiff: 30). Die Daten hierzu liefert das Forschungs-Informations-System für Mobilität und Verkehr. „Die meisten Züge fahren bereits klimafreundlich mit Elektroantrieb. Der Schienenverkehr ist deshalb ein zentraler Bestandteil eines umweltfreundlichen und nachhaltigen Güterverkehrssystems“, so das Bundesministerium für Digitales und Verkehr.

Quelle: UmweltDialog
 

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