VW-Kampagne Think Blue: „Wir wollen bewegen statt belehren“
Grün ist bei Volkswagen blau. Und die Zukunft beginnt für Deutschlands größten Autobauer in der eigenen Vergangenheit. Derart kurz und knackig ließe sich die im Frühjahr gestartete „Think Blue“-Kampagne der Wolfsburger auf nur wenige Schlagworte reduzieren. Die gefärbte Vision vom automobilen Individualverkehr kommender Jahre will mehr, als die Werbeslogans vermuten lassen: “Unser Ziel ist es“, sagt Volkswagen Marketing-Chef Luca de Meo „Think Blue als Ausdruck der Unternehmenshaltung und festen Bestandteil der Markenaktivitäten in Bezug auf ökologisch nachhaltiges Handeln zu etablieren. Und so versteckt sich hinter Think Blue der Einblick in die fantastische Welt des Verkehrs, wie wir ihn schon in abzählbaren Jahrzehnten auf den Straßen erleben sollen.
25.05.2010
Streckenweise mutet dies Vorhaben zurzeit natürlich noch arg futuristisch an: Wenn das Ziel nicht mehr der Besitz eines eigenen Vehikels, sondern die Dienstleistung Mobilität Selbstverständlichkeit ist. Auch, wenn der Vater dem Sohn erklären muss, welchen Stress in seiner Jugend Staus machten oder, dass Autos einst Unfälle bauten.
Solch spekulative Szenarien (verpackt als filmische Erzählung) baut VW auf der inzwischen bewährten Basis auf: den mit Blue Motion erzielten Erfolgen technologischen Fortschritts im Auto- und Motorenbau. Mehr Leistung bei weniger Verbrauch heißt dort seit Jahren das unter Beweis gestellte Ziel. Energieeffizienz hilft dem Klima und schont Ressourcen. Es entlastet aber auch das Budget der Automobilisten. „Nachhaltigkeit“, preist die Werbung des Autokonzerns daher selbstbewusst, „ist bei Volkswagen mehr als nur eine edle Absicht: Es ist ein Unternehmensziel.“ Den Entwicklern gilt schon seit Jahren als Aufgabe, Fahrzeuge zu bauen, die wenig CO2 ausstoßen.
Dem Etappenziel musste jetzt fast logisch die nächste Etappe folgen. „Gemeinsam mit den Kunden die Effizienzpotentiale optimal nutzen und den Verbrauch weiter senken“ formulierte VW diese nächsten Herausforderungen. Folgerichtig soll der Autokäufer abstimmen, welche technischen Potenziale er am meisten schätzt. Das freilich spielt den Ball der Konstrukteure auch geschickt den Autolenkern zurück. Sie sollen durch bewussteres Fahren ebenfalls ihr Scherflein zur Rohstoff-Schonung beitragen.
Erinnerung an die Käfer-Kampagne
Die neue Kampagne, weiß denn auch der Branchendienst „gruenesauto.com“, „baut auf den Namen des Umweltlabels BlueMotion auf, das bei Volkswagen die besonders sparsamen und sauberen Autos tragen.“ Die Botschaft erinnere an die 1960er Jahre. So warb VW mit dem Begriff „Think small“ für den internationalen Siegeszug des Dauerläufers Käfer. „Während es damals darum ging, möglichst vielen Menschen Zugang zur individuellen Mobilität zu gewähren“, klären die Offenbacher Macher des Umwelt-Auto-Portals heute auf, liege die „Herausforderung der Zukunft vor allem in der Schaffung einer effizienteren, umweltverträglicheren und nachhaltigeren Mobilität.“
Die eben setzt dann (auch) bei der Nutzung des Produkts an. Hier wird die Werbung von VW somit fast zur pädagogischen Kampagne: Sie widmet sich der Erziehung zum nachhaltigen Fahren.
Think Blue ist auch in der Wahl ihrer Mittel weit mehr als klassische Kampagne. Sie beschränkt sich keinesfalls auf Plakate und Spots, sie will - das schauten sich die Kreativen wohl dem Userverhalten im World Wide Web ab - bewusst die potenziellen Kunden einbinden. Interaktivität ist eines der Ziele. Think Blue macht den Fahrer und Käufer der Zukunft zum Mitdenker, fordert ihn auf, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, um gemeinsam mit den VW-Ingenieuren und Vordenkern der niedersächsischen Autoschmiede Ideen und Wünsche an ein Mobil für morgen einzubringen.
VW will bewegen statt belehren
Think Blue fährt einen holistischen Ansatz. Mit Road Shows durchs Land trägt sie das Thema zu den Menschen. Think Blue nutzt viele Kanäle und probiert neue Wege. Spritsparbroschüre, Fernsehspot mit Augenzwinkern oder Plakate - „bei allen Maßnahmen stehen Einsparpoten-ziale, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein im Vordergrund“, argumentiert die VW-Werbeabteilung: „Wir wollen bewegen statt belehren“, erklärt Luca de Meo. Die Kampagne setze auf den Mitmachfaktor.
Umweltschutz, davon ist VW-Marketingmann de Meo offenbar überzeugt, muss und kann Spaß machen. „Volkswagen Think Blue Challenge“, ein E-Game für iPhone und iPod Touch, soll genau dies belegen. Dabei geht es darum, einen virtuellen Wagen so Sprit sparend wie möglich ins Ziel zu bugsieren.
Den passenden Sound zum Spritsparspaß liefern die Wolfsburger ebenfalls. Er kommt aus der Volkswagen Sound Foundation mit Musik der Bands Jenix, Mega! Mega! und Querfälltein. Damit die Auto-Umwelt-Tipps auch das jüngste Publikum erreichen, bauten die VW-Strategen die passenden Links in alle Think Blue Tools ein: Von dort gehts ab zu Facebook oder Twitter.
Stimmig ist die Auswahl der neuen Werbeträger ohnehin: Wo es um neueste Technologie geht - da ist es nur konsequent, diese auch als stimmiges Tool zu nutzen. Mehr als ein bloßer Gag ist daher bei Think Blue der in einigen Innenstädten erprobte Einsatz der Bluetooth-Technologie, die Plakatwände interaktiv nutzbar macht und auf den vorbeigehenden Kunden reagieren lässt. Schließlich, erklärt das Unternehmen, wolle VW sich „damit an die Spitze einer Bewegung für nachhaltige Mobilität setzen.“