Öko-Versandhändler memo AG legt neuen Nachhaltigkeitsbericht vor
Ab dem ersten Geschäftsjahr schwarze Zahlen schreiben – das schaffen wohl die wenigsten Unternehmen. Dem fränkischen Versandhändler memo AG ist das gelungen, mit einer Geschäftstrategie, die seit 26 Jahren auf Nachhaltigkeit baut: im Sortiment, im Umgang mit den Beschäftigten und beim Versand der Waren. Um die künftig noch umweltfreundlicher zum Kunden zu transportieren, loten die Franken derzeit Möglichkeiten der „grünen“ Logistik aus. Profitieren soll davon nicht nur die Umwelt.
04.10.2017
Man müsse „andere Lösungen für die Innenstadtbelieferung bieten als das heute in weiten Teilen der Fall ist“, sagt memo-Vorstandsmitglied Frank Schmähling. Im Blick hat der Manager dabei vor allem die „letzte Meile“ der Zustellung, also den Weg der Ware von der Beladung ins Zustellfahrzeug bis zu Auslieferung an der Haustür. Diese „letzte Meile“, so Schmähling, „stellt uns als Versandhändler und die Paketdienstleister vor ein großes Problem“. Neben den entstehenden Schadstoffen sei immer weniger Platz zum Parken und Rangieren vorhanden.
Im Berliner Innenstadtbereich und der Nürnberger Südstadt liefert die memo AG ihre Waren deswegen schon mit elektrisch unterstützten Lastenfahrrädern aus, zusammen mit Dienstleistern vor Ort. Einen Vorteil sieht Schmähling dabei nicht nur in der emissions- und lärmfreien Zustellung. E-Velos seien „meistens auch schneller am Ziel“. Schließlich entfällt die Parkplatzsuche. Und in Berlin genießen die Lastenräder sogar Sonderrechte: Sie dürfen Busspuren benutzen, durch Parks fahren und Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung befahren.
Lieferung per E-Velo: Ausbau geplant
Laut aktuellem Nachhaltigkeitsbericht für die Jahre 2017/18, konnten seit vergangenem Herbst alleine in Berlin über 10.000 Pakete so zugestellt werden. Das zahlt sich nicht nur ökologisch aus. Auch die sogenannte Erstzustellungsquote stieg deutlich, also der Anteil der Pakete, die der Kunde beim ersten Zustellungsversuch in Empfang nehmen kann. Das wiederum senkt die Kosten beim Dienstleister, der doppelte Fahrten vermeidet, und erhöht die Kundenzufriedenheit. Auch deswegen haben die Franken die Lieferung per Lastenrad schon für andere Städte und Ballungsräume in Planung.
Von Branchenkennern wird die memo AG für ihr Vorgehen mit viel Lob bedacht. Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt, der an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt das Institut für Angewandte Logistik leitet, erkennt in der „grünen“ Logistik á la memo „erste Schritte in Richtung einer zukunftsfähigen und gleichzeitig serviceorientierten Lieferstruktur“. Die Bundesvereinigungen Logistik Österreich und Deutschland zeichnete die Franken in diesem April sogar mit ihrem renommierten Nachhaltigkeitspreis Logistik 2017 aus. Die memo AG, so die Begründung, zeige eindrucksvoll, wie ein mittelständisches Unternehmen den Nachhaltigkeitsgedanken in sämtlichen Geschäftsbereichen tagtäglich lebt – und das eben auch in der Logistik.
„Nachhaltigkeit ist unser Kerngeschäft“
„Nachhaltigkeit ist unser Kerngeschäft“, sagt Vorstandsmitglied Schmähling. Sichtbar wird das schon im Sortiment, das von Waren für Büro, Haushalt oder Schule bis hin zu Möbeln und Werbeartikeln reicht. Mittlerweile ziert mehr als jedes zweite Produkt ein Öko-Label. Was neu ins Sortiment aufgenommen wird, muss zuvor einen peniblen Nachhaltigkeitstest absolvieren: Auf den Prüfstand kommen beispielsweise die Öko-Eigenschaften des Produkts, seine Gesundheitsverträglich- und Recyclingfähigkeit sowie die Arbeitsbedingungen bei dessen Herstellung.
Nachhaltigkeit pflegt der Mittelständler auch im Umgang mit seinen Beschäftigten. Die rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind über Vorteilsaktien direkt am Unternehmenserfolg beteiligt, können auf individuelle Arbeitszeitmodelle zugreifen und auf ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement. Bei der letzten Befragung der Beschäftigten zur Zufriedenheit mit ihrem Arbeitgeber gaben 2016 über 80 Prozent an, mit ihrem Unternehmen und den Arbeitsplatzbedingungen zufrieden zu sein. Die Fluktuationsquote lag bei lediglich drei Prozent.
Leitindikatoren über dem Soll
Gute Werte weisen auch die meisten anderen nachhaltigen „Leitindikatoren“ des Unternehmens vor: Der Anteil des Mehrweg-Versandsystems memo-Box etwa stieg zuletzt auf die avisierte 20-Prozent-Marke. Die aus Recyclingmaterial hergestellten Versandbehälter ersetzen herkömmliche Pakete und schneiden aufgrund ihrer Langlebigkeit im direkten Öko-Vergleich mit Kartons besser ab. Gleichzeitig hat das System dazu geführt, dass mehr Kunden mehr recyclingfähige Produkte aus dem memo-Sortiment an den Händler zurücksenden, leere Druckerkartuschen beispielsweise oder alte DVDs. Seit Einführung der Box im Jahr 2009 hat sich die Zahl dieser Rücksendungen laut Nachhaltigkeitsbericht mehr als verdoppelt, zum Nutzen natürlicher Ressourcen.
Gutes vermeldet die memo AG auch in Hinblick auf ihre selbst verursachten Klimagase. „Seit dem Jahr 2008 konnten wir die klimaschädlichen Treibhausgase, die durch unsere wesentlichen Unternehmensaktivitäten entstehen, um 31 Prozent reduzieren“, sagt Lothar Hartmann, der bei den Franken das Nachhaltigkeitsmanagement verantwortet. „Im Jahr 2016 hat die memo AG 453 Tonnen Treibhausgasemissionen erzeugt und damit den Zielwert von 525 Tonnen für das Jahr 2020 bereits jetzt erreicht.“ Noch knapp unter dem Zielwert liegt indes der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergiebedarf des Unternehmens. Laut Nachhaltigkeitsbericht lag er zuletzt bei 92,5 Prozent. Angestrebt werden mindestens 95 Prozent.
„Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt wahrnehmen“
Die nächsten Nachhaltigkeitsziele haben die Franken bereits festgezurrt: Unter anderem wollen sie die Öko-Folgen von Warenlieferungen auf der „letzten Meile“ weiter reduzieren und gemeinsam mit ihren Lieferanten an alternativen Produktverpackungen tüfteln. „Als Unternehmen“, sagt memo-Vorstandsmitglied Helmut Kraiß, wolle man „langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein und gleichzeitig unsere gesellschaftliche Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt wahrnehmen“. Dass das funktioniert, zeigt ein Blick in die Bilanz: 2016 setzte die memo AG erstmals mehr als 20 Millionen Euro um. Das entspricht einem satten Plus von über sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Über den Bericht
Die memo AG hat ihren Nachhaltigkeitsbericht für die Jahre 2017/18 am 21. September veröffentlicht. Der 60 Seiten starke Report ist in einer Auflage von 5.000 Exemplaren erschienen und legt einen Schwerpunkt auf die Möglichkeiten „grüner“ Logistik und Mobilität. Es ist der insgesamt achte Nachhaltigkeitsbericht des Mittelständlers. Gedruckt wurde er mit mineralölfreien Farben auf 100-prozentigem Recyclingpapier, zudem trägt er das Umweltzeichen „Blauer Engel“.