New Work: ein nachhaltiger Trend?
Die Arbeitswelt und vor allem das Büro verändern sich durch die Digitalisierung enorm. Die Corona-Pandemie beschleunigt diesen Prozess zusätzlich. Neue Arbeitsformen wie Homeoffice setzen sich unter dem Schlagwort „New Work“ immer mehr durch. Welches Nachhaltigkeitspotenzial haben sie?
19.02.2021
Seit Ende Januar bis zunächst Mitte März sind Unternehmen dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten das Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. So lautet eine neue Verordnung, die dabei helfen soll, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Einige große Unternehmen haben sich bereits darauf eingestellt, wie eine Umfrage von tagesschau.de zeigt. Zum Beispiel die Deutsche Telekom: Hier arbeiten 80 Prozent aller Beschäftigten im Homeoffice. Mittelständische Unternehmen könnten aber mehr Schwierigkeiten haben, das umzusetzen, und „die Arbeit digital zu organisieren“, sagt Arbeitsmarktforscher Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gegenüber dem Portal. Das liegt vor allem an fehlenden finanziellen Mitteln, wie eine Bitkom-Studie herausfand.
Digitalisierungsschub durch Corona
Zu den häufigsten Digitalisierungsmaßnahmen, die durch die neue Arbeitssituation angestoßen wurden, zählen die Anschaffung neuer Soft- und Hardware, der Aufbau eines Intranets und die vermehrte Nutzung von Videokonferenzen und Kollaborations-Tools. Aber auch die digitale Weiterbildung und die Digitalisierung des Recruitings haben an Bedeutung gewonnen. Zudem setzen immer mehr Unternehmen auf digitale Dokumente statt Papier – wobei hier bei vielen Firmen immer noch großer Nachholbedarf besteht. Wie eine Umfrage von Statista im Auftrag von Kyocera Document Solutions ergab, ist die Büroarbeit in den meisten deutschen Unternehmen nach wie vor papierbasiert. Hier setzen Dokumentenmangament-Lösungen wie der Kyocera Workflow Manager an: Sie können dabei helfen, den Papierverbrauch zu reduzieren und Informationen schneller zu finden, auch von unterwegs.
Das neue Normal
Das mobile Arbeiten wird sich in Zukunft allerdings weiter durchsetzen. Davon geht unter anderem das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO aus, das im vergangenen Jahr Verantwortliche aus dem Personalbereich hierzu befragt hat. Während in einer ersten Umfrage im Frühjahr 42 Prozent angaben, künftig mehr Homeoffice anzubieten, waren es in der zweiten Befragung am Jahresende schon über 71 Prozent. Das sei auf die mutmaßlich guten Erfahrungen der letzten Monate zurückzuführen. Auch Beschäftigte haben überwiegend positive Erfahrungen damit gemacht und wollen in Zukunft flexibel arbeiten. Sie schätzen sich sogar produktiver ein und sind mehrheitlich zufriedener.
Das bestätigen übrigens auch die Teilnehmer der Fraunhofer-Studie: Über die Hälfte gab an, dass die Leistung der Mitarbeitenden gleich geblieben sei, 30 Prozent stellten eine gesteigerte Produktivität fest. Einwände gegen das Modell des hybriden Arbeitens gibt es natürlich auch. Zum Beispiel, wenn es an technischer Ausrüstung mangelt oder die Planung nicht stimmt. Dann kann die ständige Erreichbarkeit Druck auf die Mitarbeitenden ausüben. „Für manche ist es unausweichlich, ständig erreichbar zu sein, weil es in ihrem Job Notfälle geben kann“, sagt etwa Unternehmer Christoph Magnussen im Gespräch mit Kyocera. Andernfalls empfehle er, die Erreichbarkeit aktiv zu managen.
In schnellen Schritten in die neue Arbeitswelt
Mehr Flexibilität, größere Freiheiten und eine damit einhergehende veränderte Führungskultur, die auf Vertrauen statt Kontrolle setzt: Das alles sind Aspekte einer Neuen Arbeit oder der „New Work“, die sich immer mehr Unternehmen auf die Fahne schreiben. Die Corona-Pandemie hat bewirkt, dass diese Aspekte, über die vorher vielerorts nur gesprochen wurde, nun binnen kurzer Zeit in der Breite eingeführt wurden. Selten steht dahinter aber ein ganzheitliches Konzept, wie es beispielsweise Telefónica Deutschland im August letzten Jahres vorgelegt hat: Das Telekommunikationsunternehmen hat fünf entscheidende Schritte, „5 Bold Moves“, in die digitale Arbeitswelt von morgen erarbeitet. Dazu gehören zum Beispiel das Arbeiten von überall aus und zu jeder Zeit, aber im gesetzlichen Rahmen von montags bis samstags zwischen sechs und 23 Uhr, eine veränderte Art der Führung, virtuelle Meetings als neuer Standard und ein Minimum an Reisen, wodurch erhebliche Kosten-, Zeit- und CO2-Einsparungen erreicht werden sollen.
New Work nach Frithjof Bergmann
Die Idee der „New Work“ ist nicht neu. Sie stammt von dem Philosophen Frithjof Bergmann, der sie vor mehr als drei Jahrzehnten entwickelt hat. Er versteht darunter eine Arbeit, die ein Mensch als sinnvoll betrachtet und wirklich will. Mit seinem Konzept der „Neuen Arbeit“ wollte Bergmann ein Gegenmodell zur klassischen Lohnarbeit schaffen. „Wir arbeiten nicht mehr, um zu leben, und wir leben nicht mehr, um zu arbeiten. In Zukunft geht es um die gelungene Symbiose von Leben und Arbeiten“, fasst das Zukunftsinstitut die Thesen Bergmanns zusammen. Die heutige Umsetzung von „New Work“ durch einzelne Aspekte geht Bergmann nicht weit genug. „Heute macht man vielerorts nur die Lohnarbeit attraktiver, sympathischer und netter. Man kann auch sagen: Es ist Lohnarbeit im Minirock“, so Bergmann gegenüber dem Handelsblatt.
Vorreiter in Sachen New Work?
Auch Google und Microsoft dürften sich als Vorreiter der New Work sehen. Das zeigt ein Blick in die deutschen Zentralen in Hamburg und München. Feste Arbeitszeiten gibt es bei Microsoft nicht. Statt Schreibtischen gehören Notebooks und digitale Tafeln zur festen Ausstattung. Licht und Raumklima lassen sich von jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin individuell per Notebook einstellen. Bei Google wiederum war Homeoffice, zumindest vor der Corona-Pandemie, nicht vorgesehen. Dafür können sich die Beschäftigten zwischendurch in einer Hängematte oder beim Computerspielen im Designersessel entspannen. Für das konzentrierte Arbeiten gibt es entsprechende Rückzugsmöglichkeiten.
Wohlfühloase Büro
Diese Beispiele zeigen auch: Beim Thema New Work spielen Büros mit ihrer auf die Bedürfnisse der Arbeitenden angepassten, die Kreativität und Produktivität steigernden Ausstattung nach wie vor eine große Rolle. Gerade dann, wenn das Büro nicht mehr dauerhaft, sondern vor allem für physische Begegnungen und zu besonderen Anlässen aufgesucht wird. „Es gewinnt an Bedeutung, und zwar in der Wertigkeit, nicht in der Frequenz“, formuliert es Christoph Magnussen. Zur Ausstattung müssen nicht immer eine Hängematte oder ein Kickertisch gehören. Es gibt allerdings Designelemente, die Einfluss auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit haben und die Zusammenarbeit und Kommunikation fördern. Bodenbelagshersteller Interface hat hierzu verschiedene Designleitfäden erstellt. Im Mittelpunkt steht die Idee der Biophilie, die angeborene menschliche Verbundenheit mit der Natur und ihren Prozessen. Das sogenannte Biophilic Design beinhaltet nicht nur ästhetische und funktionale Kriterien zur Raumgestaltung, sondern bezieht auch Nachhaltigkeitsaspekte ein. Konkret umgesetzt wird es zum Beispiel durch gesundheitlich unbedenkliche und ökologisch vorteilhafte Materialien, Böden in Stein- oder Holzoptik, durch die Integration von Blumen oder gar eine Dachbegrünung.
„Es gibt nicht die eine Lösung für Alle“
Ob durch Homeoffice, Co-Working-Spaces, Desk-Sharing im Großraumbüro oder die Etablierung von Crowdworking und virtuellen Teams: Wie auch immer die Modelle der New Work umgesetzt werden, Unternehmen sind künftig gefragt, viel individueller auf die Mitarbeitenden einzugehen. Darin sind sich die Forschenden einig. Die Bertelsmann Stiftung fasst zusammen, „dass zukünftig nicht die eine Lösung für Alle das Arbeiten bestimmen wird, sondern eine Balance aus virtueller und physisch präsenter Bürokultur gefunden werden muss. Die Diversität der Arbeitsweisen wird als eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Corona-Krise in die ,alteʻ Arbeitswelt hineinreichen.“
New Work durch die Nachhaltigkeitsbrille
Weniger Dienstreisen, weniger Pendeln und damit weniger umweltschädliche Emissionen: Das sind nur einige positive Effekte, die die neue Arbeitssituation in der Corona-Zeit aus Nachhaltigkeitsperspektive mit sich gebracht hat. Die von der Bertelsmann Stiftung befragten Expertinnen und Experten gehen jedoch nicht von einer langfristigen Wirkung aus. Demnach erwarten nur 17 Prozent, „dass die Menschen auch nach Überwindung der Krise einem nachhaltigeren Lebens- und Arbeitsstil folgen werden.“ Unklar ist bislang auch, ob die Menschen zu Hause nicht mehr Strom und Heizung nutzen als in Bürogebäuden, was sich wiederum negativ auf die Klimabilanz auswirken würde. Andererseits bringt vermehrtes Homeoffice auch neue Möglichkeiten für Unternehmen mit sich, Ressourcen einzusparen, etwa durch kleinere Büroflächen. Christoph Bertram, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, meint, es sei noch nicht klar, „was die Summe der unterschiedlichen Effekte auf das Klima sein wird oder ob es nur zu einer Verschiebung von Emissionen kommt.“