EU-Lieferkettengesetz verfehlt Mehrheit
Es wurde begrüßt und bemängelt: das EU-Lieferkettengesetz. Jetzt wurde die Abstimmung erneut verschoben. UmweltDialog hat Stimmen dazu gesammelt.
29.02.2024
Die Abstimmung zum geplanten EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) ist erneut verschoben worden. Trotz der Bemühungen des Ratsvorsitzes, habe man nicht die nötige Unterstützung gefunden, informierte die belgische Präsidentschaft jetzt auf X (ehemals Twitter). „Wir müssen nun den Stand der Dinge prüfen und werden sehen, ob es möglich ist, die von den Mitgliedstaaten vorgebrachten Bedenken in Absprache mit dem Europäischen Parlament auszuräumen.“
Zahlreiche Mitgliedsstaaten hatten im Vorfeld angekündigt, sich bei einer Abstimmung zu enthalten, darunter Deutschland und Italien, oder gar dagegen zu stimmen. In dem Gremium zählt bereits eine Enthaltung wie ein „Nein“, berichtet unter anderem die Tagesschau. Das SÜDWIND-Institut und Oxfam hatten diesen Schritt der Bundesregierung als „politisch unverantwortlich“ kritisiert. Ihre Zustimmung zu entziehen, sei „ein herber Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen von Menschenrechtsverstößen“, so Eva-Maria Reinwald, Referentin für Globale Wirtschaft und Menschenrechte.
In der deutschen Bundesregierung ist man sich uneins: Die FDP lehnt die EU-Richtlinie ab. Die Partei befürchtet zu viel Bürokratie und sieht dadurch die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in Gefahr. Die SPD wiederum kritisiert diese Haltung: „Viele deutsche Unternehmen haben auf das europäische Lieferkettengesetz gehofft. Die FDP setzt durch ihre Ablehnung Deutschlands Vertrauen in Europa aufs Spiel“, lies die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt schon Anfang Februar in einem Statement verlauten. Auch die Grünen sprechen sich für die Richtlinie aus.
Unternehmen erleichtert
Und wie reagiert die Wirtschaft auf die Absage? Acht große Wirtschaftsorganisationen hatten bereits im Vorfeld zur Abstimmung den Entwurf „wegen handwerklicher Mängel“ abgelehnt. Die EU-Lieferkettenrichtlinie verfolge zwar ein „richtiges und wichtiges Ziel“, sei aber in der Praxis für europäische Unternehmen nicht umsetzbar, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. So kritisierten die Verbände zum Beispiel deutlich die geplante zivilrechtliche Haftung von Unternehmen. Die Risiken seien unkalkulierbar und könnten dazu führen, dass sich Firmen aus schwierigen Märkten zurückziehen.
Hintergrund
Das EU-Lieferkettengesetz soll größere Unternehmen dazu verpflichten, Standards wie das Verbot von Kinderarbeit, Ausbeutung oder Zwangsarbeit in ihrer gesamten Lieferkette zu überprüfen und einzuhalten. Deutschland hat bereits ein eigenes Lieferkettengesetz erlassen. Mit der EU-Richtlinie sollte es einheitliche Regeln für alle großen Unternehmen in der Union geben.
Wie geht es weiter?
Nach Bekanntwerden des Scheiterns forderte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt: Eine schnelle Einigung für Menschenrechte, Umwelt und Klima sei jetzt unerlässlich. Und Johanna Kusch von der Initiative Lieferkettengesetz bleibt hoffnungsvoll: Der „Zug für das EU-Lieferkettengesetz ist noch nicht abgefahren", sagte sie gegenüber Deutschlandfunk. Wann es wieder zu einer Abstimmung kommen wird, ist jedoch noch unklar.